Kirgistan | 2008


Jugendaustausch Kirgistan
vom 24.07. bis 08.08.2008

Auf eine Reise der besonderen Art begab sich eine Gruppe junger Erwachsener aus dem gesamten Bundesgebiet nach Kirgistan. Insgesamt 12 Teilnehmer im Alter von 18-27 Jahren lernten das kleine vom Massentourismus unberührte Land in Zentralasien kennen.

Organisiert von der NAJU Berlin, der Jugendorganisation des NABU, wurde die Reisegruppe von Naturpädagogin Christine Koziol, Praktikantin Lea Nitz( FÖJ) und Geographiestudent Michael Göbel (alle NABU Deutschland) geleitet. Bezuschusst wurde die Reise durch den KJP.

Nach der Ankunft in der Hauptstadt Bischkek traf die Gruppe am folgenden Tag auf die 8 kirgisischen Teilnehmer und die beiden Dolmetscherinnen, sowie auf die Leiterin des NABU Kirgistan, Mirana Kanimetova. Zum ersten Kennen lernen wurde eine Tageswanderung im Gebirge südöstlich der Hauptstadt unternommen. Am nächsten Tag fuhr die gesamte Gruppe zum Camp nach Ananevo, einem kleinen Ort am Ufer des Issyk-Kul-Sees. Gelegen auf einer Höhe von über 1600m und 11 x so groß wie der Bodensee, ist dieser Hochgebirgssee ein einzigartiges Biosphärenreservat. Hier lebte die Gruppe 10 Tage in Jurten, den traditionellen Zelten der Nomaden.

In diesem Zeitraum arbeitete die deutsch-kirgisische Jugendgruppe an unterschiedlichen Projekten. So wurden eine Sanddornhecke als Erosionsschutz gepflanzt, im nahe gelegenen Schneeleopardenzentrum mitgearbeitet und ein Müllaktionstag unter Mithilfe der Bevölkerung durchgeführt.

An zwei Tagen wurden die Feuchtwiesen um Ananevo gesenst, auf denen im Frühsommer verschiedene Orchideenarten blühen. Das Mähen verhindert das Überwuchern der Wiese durch Schilf oder hohes Gras, so dass die seltenen Pflanzen im folgenden Jahr wieder wachsen können. Gleichzeitig wurde bei dieser Aktion Heu gewonnen, das dem angrenzenden Bauern zur Verfügung gestellt wurde. Zweimal unternahm die Gruppe in der beeindruckenden Natur Exkursionen mit Botanikern und Ornithologen. Neben seltenen - für die deutschen Gäste völlig unbekannte - Pflanzen, konnten bei den Wanderungen Isabellwürger, Hirtenstar, Bienenfresser, Blauracke, Wiedehopf, Steinadler und Geier beobachtet werden. Ungewöhnlich an der Landschaft ist der rasche Wechsel der Vegetationszonen von Sandstrand, Wildkräuterwiesen, Weiden, Sumpf, Wäldern bis hin zu Halbwüste und Hochgebirge.

In der Freizeit bestand die Möglichkeit in der Weite der Natur zu reiten oder im Issyk-Kul baden zu gehen, der dank seiner heißen Quellen eine Temperatur bis zu 25 Grad erreichen kann.

Manche Jugendlichen nutzten die Zeit auch für einen Besuch auf  dem Basar: Obst-und Gemüsesorten in großer Auswahl, Fleisch, Gewürze, Filz-und Lederwaren- das traditionelle Kunsthandwerk der Kirgisen-konnten bestaunt und erworben werden. Auch die bekannte Gastfeundlichkeit der Menschen hat die Gruppe kennen gelernt. Von älteren Russlanddeutschen angesprochen, wurden einige Teilnehmer spontan nach Hause eingeladen. So bekamen sie Einblicke in die familiäre Struktur, Esskultur, Religion(muslimisch/russ.orthodox) und den harten Alltag der Bevölkerung.

Am 6.08. verließ die Gruppe die Region am Nordufer und fuhr auf der einizen geteerten Straße um den See in die Stadt Karakol um dort den Tierpark des NABU zu besuchen. (mehr Infos unten)

Gegen Abend ging die Rückreise weiter entlang der Südufers bis zur Hauptstadt. Am letzen Tag wurde noch eine Stadtführung unternommen. Abends gab es im Büro des NABU noch eine große Party mit kirgisischen Liedern und dem Nationalgetränk „Kümüs“, der vergorenen Stutenmilch. Bei einem tränenreichen Abschied waren sich viele deutsche Jugendliche sicher, dass dies nicht ihr  letzter Aufenthalt in diesem  außergewöhnlichen Land gewesen ist.


NABU in Kirgistan Seit 1948 gibt es staatl. Naturschutzgebiete (NSG) in Kirgistan. Zur Sowjetzeit hatten sie großen offiziellen Status und ausreichend Mittel zur Unterhaltung und Durchführung von wissenschaftlichen Arbeiten. Seit der Unabhängigkeit des Landes fehlen sowohl finanzielle Mittel als auch qualifiziertes Personal. Hinzu kommt, dass in den NSG aufgrund der schlechten Bezahlung der Wildhüter innerhalb des Gebietes vermehrt gewildert wird.

Seit 1993 ist der NABU  im Land aktiv, 1999 Gründung eines Leopardenschutzprojektes in Zusammenarbeit mit der kirg. Regierung.

Der Schneeleopard (Panthera unica) ist eine faszinierende Großkatze und lebt bis 5000 m Höhe im ewigen Eis uns Schnee des Tien-Shan-Gebirges. Wegen seines wunderschönen, dichten Fells und der nachgesagten Heilkräfte der Knochen ist er durch Jagd und Wilderei stark vom Aussterben bedroht. Weltweit wird der Bestand auf ca. 2500 Tiere geschätzt.

In Kirgistan leben heute ca. 240 Tiere von ehemals 1500 Exemplaren im Jahr 1985. Kernstück des dringend erforderlichen Schutzprogramms ist der Aufbau einer Anti-Wilderer-Einheit. Sie besteht aus jeweils 2 Mitarbeitern des Innen-/bez. Umweltministeriums. Zu ihren Aufgaben gehören das Aufspüren und Zerstören von Fallen, Festnehmen der Wilderer, Beschlagnahmen der Waffen/Fellen und noch lebenden Tieren bis hin zur Begleitung der Strafverfahren.

Die Schutzbemühungen zeigen sichtbaren Erfolg:
wo früher noch die kostbaren Felle offen  gehandelt wurden, sind sie jetzt von den Basaren verschwunden. Fünf beschlagnahmte Tiere konnten ausgewildert werden, drei weitere Tiere ins Rehazentrum Ananevo überführt werden.

Es ist übrigens das einzige Rehazentrum für Wildtiere in ganz Mittelasien. Hier werden seit 2002 verletzte, kranke oder konfizierte Wildtiere gepflegt und veterinärmedizinisch versorgt. Tiere, die aufgrund ihrer massiven Verletzungen nicht mehr ausgewildert werden können, werden ins Artenschutzzentrum nach Karakol überführt. Das Zentrum ist der einzige Tierpark in ganz Kirgistan.

Dank finanzieller Förderung der Vereinigung Deutscher Zoodirektoren konnte der Tierpark 2002 zur Betreuung dem NABU Kirgistan übergeben werden. Seitdem schafft der NABU dort  artgerechte Haltungsbedingungen für die Tiere und annehmbare Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter.

Neben den Großkatzen betreut das Reha-Zentrum auch Greifvögel wie Adler, Geier und Sakafalken, Sibirische Steinböcke, Marco-Polo-Schafe und Steppenschildkröten. Seit 2005 wurden über 1000 Schildkröten, die für japanische Restaurants bestimmt waren, beschlagnahmt und ausgewildert. Das ist die Hälfte der Gesamtpopulation in ganz Kirgistan.

Ein weiterer Bereich in der Arbeit des NABU ist der Schutz seltener Pflanzen. Hierzu werden Feuchtwiesen gekauft oder gepachtet. Die Wiesen des NABU um den kleinen Ort Ananevo grenzen an des staatl. NSG. Sie sind im Vergleich aber sowohl  floristisch als auch faunistisch  sehr viel wertvoller als das NSG, da hier die historisch gewachsene Kulturlandschaft mit seinen Mosaiken aus Mähwiesen, Streuobstwiesen, beweideten Flächen und vollkommen ungenutzten Gebieten erhalten ist. Die Hirten/Bauern der Region können die Wiesen des NABU weiterhin unter Auflagen nutzen( Weiden des Viehs, Heuproduktion). Dazu gehören die Festlegung der Wildkräuterwiesen und ein Verbot des Abbrennens der Schilfbestände.

So entsteht hier eine Form des Naturschutzes im Einklang mit den Lebensbedingungen der Bevölkerung.